Weiße Krähe (Dritte Fassung)

Nach M. Haushofer

Weisse Krähe,
behackt und vertrieben
fliegst du hinter
dem schreienden Schwarm.

Im sicheren Abstand
zum Krähenbaume,
dem unruhig gleißenden,
fällst du ins Holz.

Du lerntest kennen
des Schwarmes Gesetze,
doch Futter nimmst du
überlebend von mir.

Gehackt und vertrieben,
richten wir Exilanten
uns nun auf uns ein…

Weiße Krähe (Zweite Fassung)

Nach M. Haushofer

Weiße Krähe,
abgesetzt, zurück
gestoßen
vom übrigen
so lärmreichen Schwarm.

In sicherem
Abstand,
zu anderen Schnäbeln,
fielst vorsichtig du ein.

Futter gab ich dir,
als geschwunden der Schwarm,
Nahrung meinem
Gewissen auch.

Weiße Krähe,
die deinen sind
meine Gesetze auch,

als zwei Verschlagene
richten wir uns auf…

Weiße Krähe (Erste Fassung)

Nach M. Haushofer

Geflogen kam
eine weiße Krähe,
wie abgeschlagen,
hinter dem übrigen
Schwarm.

In sicheren Abstand,
vom gleißenden Krähenbaum,
nahm sie ihren
Platz ein,
in einem anderen
Geäst.

Als schwand der Schwarm
fütterte ich sie, die Bedrohte,
einbüßte sie
ihre Scheu sogar,

sie, die nur kannte,
die Gesetze des Schwarms…!

Entflohen,
allen Schwärmen,
begann zu begreifen
auch langsam ich…!

Der Blick aus dem Fenster

Sonne lugt herein,
ihren Gruß erwidre
ich frühlingshaft gern.

Vor dem Kirschbaum,
gegenüber,
eine Mauer, grau verputzt,

erschwerend das Klettern,
doch was wär ohne sie

der Kirschbaum uns Kindern
gewesen nur.

Ein Ziegeldach
begrenzt den Himmel,
vor Jahren schlug
ein Blitz ihm ein.

Himmelszorn,
doch viele Tauben
tummeln auf dem
Dachfirst sich.

Weiter rechts,
ein grüner Fleck nur,
der Kindheit
Gänseparadies.

Weichen mußte
seine Hälfte
dem Lob der dörflichen
Kultur.

Ich schließ das Fenster,
denn ein Regen
wirbelt aufwärts
feuchten Staub.

Dorfnacht (anhaltinisch)

In naher Ferne, gemessen am
Abstand der Häuser nur,
heult ein einsamer,
unzufriedener Hund.

Im Garten Eden,
dem des Nachbarn,
bewegt der Wind
die Blätter sacht.

Weit draußen,
auf freiem Felde,
geht nächtens es um:
Dort verirrten, vor mehr
als dreihundert Jahren,
zwei Liebende sich.

Die Kaiserlichen aber,
waren nicht weit.

Mit letztem Blaff
versucht der Hund
die Nacht noch einmal
zu durchbohrn‘,
der Mond scheint doch
zu fehlen ihm.

In mehr als
dreihundert Jahren sind
uns näher gerückt,
nachts über die Felder,
die Kaiserlichen,
bedrohlicher noch.

Rotkäppchens Hochzeit

Den Wolf im Arm, als Bräutigam,
trippelt sie froh zur Kirche hin.
sie dachte klug, als sie ihn nahm:

das Fressen geht ihm aus dem Sinn,
leben wir erst als Frau und Mann
und gibt er sich mir arglos hin!

In Bälde ihn zurecht ich trimm‘,
was heut‘ er wohl kaum ahnen kann,
das Märchen ende drum halb so schlimm!

Der Gestrandete

Von Wellen in den Sand geworfen,
fiebert er sich ins Meer zurück.
Leichen, vom Sturme angeschwemmt,
umgeben als Gefährten ihn.

Sein Schrei verhallt in nackten Felsen,
wo sandverklebte Augen irren,
doch Einsamkeit droht, geiergleich,
am Ende rasch ihn zu verschlingen.

Das Ohr vernimmt die Brandung noch,
den Boten weiter Lebensferne;
als kalter, dumpfer Grabgesang
gellt sie ihm bald höhnend nach.

(geschrieben 1975, auf dessen Wunsch hin einem Szeneburschen geschenkt. 1977 bekam ein anderer Bekannter es in Gaschwitz wieder in die Hände gedrückt, als subversive Literatur. Wenig später wollte auch die „Sicherheit“ wissen, wer der Verfasser sei.)

Der Kuchenhering

(bibliothekarisches Tischgebet)

Hering und Kuchen, welche Wonne,
ich könnte verschlingen, davon eine Tonne.
Hat auch der Kuchen zuviel Kalorie,
fehln‘ sie beim Hering, dem gräulichen Vieh!

So gleicht zum Schluß sich alles aus,
Genuß, Gesundheit in einem Schmaus.

(in Liebe gewidmet der großartigen Bibliothekarschulküche!)

K.

Anmutig, wie ein Falter schwebt,
durch ihres Frühlings Garten sie,
umsegelt Netze, die gespannt
verräterisch von Spinnen sind.

Am Gartenende angelangt,
beginnt ihr Sonnenspiel erneut.

Manchmal durchstößt sie
Grenzen schon,
berührt den Sommer,
nah verzückt.

Doch andre Augen wachsen erst,
in der Umschlingung seines Lichts.

Du gleichst dem Herbst

Du gleichst dem Herbst, dem Farbenfinder,
der Trauer mit Schönheit überstreicht,
in dem man träumt und neue Kraft
für kommende Zeiten finden will.

Die herbe Schönheit der Natur,
aus Deinen Zügen bricht sie vor,
als eine Gewalt, die freundlich grüßt
und sorgsam jeden Weg umfriedet.

Herbst der Hoffnung, sei beständig,
geh‘ in jedes Tal hinein!
Entdeck‘ dich weiter deiner Welt nur,
die neu dich sucht an jedem Tag.

(aus 1974)

Das gleiche Licht

Das gleiche Licht,
daß morgens findet
dich wieder, brennt
in fremden Augen.

Und trägt es seine
Sonnenfäden
zu anderen,
sie zu erhell’n,

bricht’s schmerzend sich
allein auf dir nur,
bricht’s schmerzend sich
auf deiner Haut.

Es kann niemals
im Leben gleichen,
das Licht dem Lichte
doch vereint

es Fremdes stets,
in seinem Dasein,
dem Lächeln unter
Tränen gleichend…

 

Ein Herr Petrescu
aus Bukarestu
wollt` jagen Braunbärescu
in Karpatescu.

Doch Braunbärescu,
nahm weg Flintescu
gleich Herrn Petrescu
aus Bukarestu.

Fünf Viertelstundescu,
verdrosch Braunbärescu
noch Herrn Petrescu
aus Bukarestu.

Schönen Gruß an Ceaucescu,
in Höllenfeuerescu,
höhnte Braunbärescu
noch zu Herrn Petrescu
aus Bukarestu.

Das tut sehr weh, aaaah
höhnte Ion Milea,
aus Oradea,
als er hört` Legendea
von Braunbärescu
aus Karpatescu
und Herrn Petrescu
aus Bukarestu.