Kategorie: Gedichte
Weiße Krähe (Zweite Fassung)
Nach M. Haushofer
Weiße Krähe,
abgesetzt, zurück
gestoßen
vom übrigen
so lärmreichen Schwarm.
In sicherem
Abstand,
zu anderen Schnäbeln,
fielst vorsichtig du ein.
Futter gab ich dir,
als geschwunden der Schwarm,
Nahrung meinem
Gewissen auch.
Weiße Krähe,
die deinen sind
meine Gesetze auch,
als zwei Verschlagene
richten wir uns auf…
Weiße Krähe (Erste Fassung)
Nach M. Haushofer
Geflogen kam
eine weiße Krähe,
wie abgeschlagen,
hinter dem übrigen
Schwarm.
In sicheren Abstand,
vom gleißenden Krähenbaum,
nahm sie ihren
Platz ein,
in einem anderen
Geäst.
Als schwand der Schwarm
fütterte ich sie, die Bedrohte,
einbüßte sie
ihre Scheu sogar,
sie, die nur kannte,
die Gesetze des Schwarms…!
Entflohen,
allen Schwärmen,
begann zu begreifen
auch langsam ich…!
Einer Küstenbewohnerin
Des Meeres Kühle,
wie dringt sie aus dir.
Des Meeres Wesen,
auch Wärme zu speichern,
für kühlere Zeiten,
bleibt dir so vertraut.
Will niemand denn baden,
nur in deinen Fluten,
du Schaumgebor’ne,
und wogen mit dir!
Der Gestrandete
Von Wellen in den Sand geworfen,
fiebert er sich ins Meer zurück.
Leichen, vom Sturme angeschwemmt,
umgeben als Gefährten ihn.
Sein Schrei verhallt in nackten Felsen,
wo sandverklebte Augen irren,
doch Einsamkeit droht, geiergleich,
am Ende rasch ihn zu verschlingen.
Das Ohr vernimmt die Brandung noch,
den Boten weiter Lebensferne;
als kalter, dumpfer Grabgesang
gellt sie ihm bald höhnend nach.
(geschrieben 1975, auf dessen Wunsch hin einem Szeneburschen geschenkt. 1977 bekam ein anderer Bekannter es in Gaschwitz wieder in die Hände gedrückt, als subversive Literatur. Wenig später wollte auch die „Sicherheit“ wissen, wer der Verfasser sei.)
K.
Anmutig, wie ein Falter schwebt,
durch ihres Frühlings Garten sie,
umsegelt Netze, die gespannt
verräterisch von Spinnen sind.
Am Gartenende angelangt,
beginnt ihr Sonnenspiel erneut.
Manchmal durchstößt sie
Grenzen schon,
berührt den Sommer,
nah verzückt.
Doch andre Augen wachsen erst,
in der Umschlingung seines Lichts.
„Darf passieren“, murmelte
in seiner Wachhütte der greise,
rheumatische Schäferhund,
ließ ein den Hausfreund,
der ihm überließ ein frisches,
vorzüglich mariniertes Steak.
Ein Spitz nimmt nie was krumm,
er wär ja auch schön dumm:
denn nähm` er krumm manchen Witz
hieß bald er nicht mehr Spitz.
Ein Wolf verfluchte laut vorm Tresen
der Trunksucht unheilvolles Wesen:
wo sei sein klarer Blick geblieben,
er säh der Geißlein nun schon sieben!
Ein Krebs, der gar zu Tische kam,
sprach vor dem Mahl apathisch,
zum Koch, der keine Fische nahm:
er sei ihm nicht sympathisch.
Du gleichst dem Herbst
Du gleichst dem Herbst, dem Farbenfinder,
der Trauer mit Schönheit überstreicht,
in dem man träumt und neue Kraft
für kommende Zeiten finden will.
Die herbe Schönheit der Natur,
aus Deinen Zügen bricht sie vor,
als eine Gewalt, die freundlich grüßt
und sorgsam jeden Weg umfriedet.
Herbst der Hoffnung, sei beständig,
geh‘ in jedes Tal hinein!
Entdeck‘ dich weiter deiner Welt nur,
die neu dich sucht an jedem Tag.
(aus 1974)
Das gleiche Licht
Das gleiche Licht,
daß morgens findet
dich wieder, brennt
in fremden Augen.
Und trägt es seine
Sonnenfäden
zu anderen,
sie zu erhell’n,
bricht’s schmerzend sich
allein auf dir nur,
bricht’s schmerzend sich
auf deiner Haut.
Es kann niemals
im Leben gleichen,
das Licht dem Lichte
doch vereint
es Fremdes stets,
in seinem Dasein,
dem Lächeln unter
Tränen gleichend…