Limericks

Was ist ein Limerick?

Ein Limerick ist ein kurzes, scherzhaftes Gedicht mit dem Reimschema aabba in fünf Zeilen. Diese heutige Struktur erhielt die um 1820 in England entstandene Gedichtform durch den bis heute bekanntesten Limerick-Meister Edward Lear, einem britischen Maler, Illustrator und Schriftsteller, der vor allem als Autor von Nonsens-Gedichten bekannt wurde – gemeinsam mit dem britischen Schriftsteller Lewis Carroll ist er damit einer der bedeutendsten Vertreter der sogenannten viktorianischen Nonsense-Literatur. Lears bekannter Sammelband A Book of Nonsense (London, 1843) enthält 107 selbst illustrierte Limericks, bei denen jeweils die Zeilen eins und zwei sowie die Zeilen drei und vier zu einer Langzeile zusammengefasst sind.

Einem Malermeister aus Schönebeck
brachen sämtliche Zähne weg.
Als er dann aussah,
wie vom Stamme der Haussa,
lief ihm noch seine Schöne weg.

Martin Gerhard Reisenberg (zum Beitrag)

Aufbau und Metrik

Die erste, zweite und fünfte Zeile eines Limericks verfügt über je drei betonte Silben, die dritte und vierte Zeile ist jeweils kürzer und weist nur zwei betonte Silben auf. Somit ergibt sich ein anapästisches Versmaß und ein Längenunterschied zwischen den dreihebigen Zeilen eins, zwei, fünf und den zweihebigen Zeilen drei, vier. Beginnend mit einem Hinweis auf die spezielle geographische Existenz, häufig handelt es sich um eine reale Örtlichkeit, oder die besondere Beschaffenheit einer Person in der ersten Zeile folgt die Beschreibung des Zustands in der zweiten Zeile. Die Fortsetzung der Einleitung schließt sich in den zwei endgereimten Zeilen drei und vier mit eher willkürlichem Inhalt an, der sich ausschließlich aufgrund der benutzten Reimwörter ergibt. Abgeschlossen wird der Limerick schließlich mit einer Pointe zur genannten Person.

Limerick 93

Illustration: Edward Lear / A Book of Nonsense (1843)

There was a Young Lady of Wales, (◡—◡◡—◡◡—)
Who caught a large fish without scales; (◡—◡◡—◡◡—)
When she lifted her hook (◡◡—◡◡—)
She exclaimed, ‚Only look!‘ (◡◡—◡◡—)
That ecstatic Young Lady of Wales. (◡◡—◡◡—◡◡—)

Edward Lear, A Book of Nonsense (1843), Limerick Nr. 93

Strenges Versmaß

Es wird deutlich, dass das strenge Versmaß nicht immer vollständig eingehalten ist, wie hier durch den Großmeister selbst. Wenn solch eine nicht ganz so strenge Rhythmik beim Lesen oder Hören nicht wirklich auffällt und die Pointe trotzdem sitzt, sollte der Versmaßverstoß vernachlässigt werden.

Limerick 10

Illustration: Edward Lear / A Book of Nonsense (1843)

There was an Old Man in a tree, (◡—◡◡—◡◡—)
Who was horribly bored by a Bee; (◡◡—◡◡—◡◡—)
When they said, ‚Does it buzz?‘ (◡◡—◡◡—)
He replied, ‚Yes, it does!‘ (◡◡—◡◡—)
‚It’s a regular brute of a Bee!‘ (◡◡—◡◡—◡◡—)

Edward Lear, A Book of Nonsense (1843), Limerick Nr. 10

Es folgt als ein weiteres Beispiel für Limericks mit nicht ganz so strengem Versmaß eine Dichtung von Martin Gerhard Reisenberg: Das Gefühl der rhythmischen Stimmigkeit wird auch hier nur unwesentlich beeinträchtigt.

Es lag mit der Gicht in der Fehde, (◡—◡◡—◡◡—◡)
ein alter, nördlicher Schwede. (◡—◡ —◡◡—◡)
Ist der Nordpol nah, (—◡◡◡—)
sticht die Podagra, (—◡◡◡—)
war seine letzte Rede. (◡—◡ —◡ —◡)

Martin Reisenberg

Herkunft

Die Herkunft des Begriffs Limerick ist übrigens bis heute ungeklärt – eine Hypothese deutet in Richtung der irischen Stadt Limerick, eine weitere sieht eine Ableitung von einem irischen Soldatenlied aus dem 18. Jahrhundert, eine weitere Deutung verweist auf eine Kinderreimsammlung aus 1765 mit rhythmisch ähnlichen Formen. Abschließend sei der wohl bekannteste, in strengem Versmaß verfasste
Limerick Nr. 1 aus Edward Lears Sammlung in Originalsprache, in metrischer Notation und mit metrisch exakter Übersetzung durch Heinz
Hermann Michels abgebildet.

Limerick 1

Illustration: Edward Lear / A Book of Nonsense (1843)

Englisch Metr. Notation Mögl. Übersetzung

There was an Old Man with a beard,
Who said, „It is just as I feared!
Two Owls and a Hen,
Four Larks and a Wren,
Have all built their nests in my beard!“

◡—◡◡—◡◡—
◡—◡◡—◡◡—
◡—◡◡—
◡—◡◡—
◡—◡◡—◡◡—

Es war mal ein Alter mit Bart
Besorgt, was an Vögeln sich paart
An Lerchen, Pirolen
An Eulen und Dohlen:
„Sie alle tun’s in meinem Bart!“

Edward Lear, A Book of Nonsense (1843), Limerick Nr. 10, Übersetzung durch Heinz Hermann Michels

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Quellen: deutsche-limericks.de, Edward Lear Home Page (in englisch)

2 Gedanken zu „Limericks“

  1. Zwei Limericks von mir:

    Eine vegane grüne aus Lostau,
    die verbot ihrem Mann Fleisch und Wurst – au!
    Er konnt’s schon seit Tagen
    nicht mehr ertragen.
    Er poppte stattdessen die Postfrau.
    (BERND KAUFHOLZ)

    Ein uraltes Männlein aus Lostau,
    der liebte so sehr die Orts-Postfrau.
    Jeden Tag,
    stellt er sich nur eine Frag‘:
    Ob ich mal ihren Mann, den Horst hau‘?
    (BERND KAUFHOLZ)

  2. Lieber Herr Kaufholz! Vielen Dank für die mir zugesandten Limericks, ich staune immer wieder, wie es Autoren gelingt, diese fünfzeiligen Gebilde virtuos mit Leben zu füllen. Von mir stehen ja noch nicht viel in meiner Präsentation, da wir das Hauptaugenmerk erst einmal auf die Aphorismen legen, mein Sohn, der alles technisch zurichtet, gerade mit einem weiteren Studienabschluß zu tun hat. Um die üblichen spaßigen Varianten mal zu bereichern, schrieb ich eine ganze Serie „Limericks aus der Geschichte des Mobiltelefons“, so als wenn alle Großen und Bösewichte auf der Welt ein Handy besessen hätte, mit der Aussage, daß die Weltgeschichte auch nicht anders gelaufen wäre…Ein Beispiel führe ich mal an, Mitte des 17. Jahrhunderts stürzte England ja in einem Bürgerkrieg den König, für kurze Zeit herrschte der auch nur diktatorische Lordprotektor Cromwell, bekannt durch sein Eisenrippengewand. Also:

    Einst tobte im Parlamente,
    der Cromwell im Eisenhemde.
    Da schrillte auch schon
    sein Mobiltelefonw
    der König rief an aus der Fremde.

    „Geht nach Hause, ihr Republikaner“,
    riet der allerdurchläuchtigste Mahner,
    „die Demokratie,
    ohne Monarchie,
    schaffen bloß die Amerikaner“.

    Damit verabschiede ich mich heute, Sie brachten mich gleich auf die Idee, auch mal ein Postlimerick zu schreiben,
    hatte immer mal Ärger, weil ich viele Bücherbestelldienste nutzte und doch immer mal eine Sendung verschwand.
    Mit frdl. Grüßen! M. G. Reisenberg

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